Privilegien für Ersterwerber
Ein Plädoyer für bezahlbares Wohneigentum
Hamburg ist eine Stadt der Gegensätze. Auf der einen Seite stehen das pulsierende Leben und die starke aufstrebende Wirtschaft: Hamburg als Magnet für internationale Unternehmen und Talente. Auf der anderen Seite stehen knapper Wohnraum, hohe Mieten und Immobilienpreise, die selbst für Gutverdiener nur mit einer ordentlichen Erbschaft auf dem Konto zu stemmen sind. Der Traum vom Eigenheim ist für viele Menschen unerreichbar. Dabei spielt Wohneigentum beim Vermögensaufbau eine zentrale Rolle. Um die Schere zwischen Arm und Reich zu schließen, ist es zwingend, Menschen den Erwerb von Wohneigentum zu erleichtern. Dafür muss Deutschland den Immobilienkauf für Menschen ohne eigene Immobilie (Ersterwerber) künftig erschwinglicher machen.
Vermögensungleichheit durch Immobilien
Der bisher bedeutendste Faktor beim Vermögensaufbau ist die eigene Immobilie. Doch die Zahlen zeigen, dass die Anzahl der Menschen mit Wohneigentum seit 50 Jahren stagniert. Es ist also nur sehr schwer möglich, sich die eigenen vier Wände zu leisten und das ist auch ein wesentlicher Grund dafür, dass die Vermögensungleichheit immer weiter zunimmt.
Die versteckten Hürden beim Immobilienkauf
Ein wesentliches Hindernis sind die hohen Kaufnebenkosten (Grunderwerbsteuer, Maklergebühren sowie Notar- und Grundbuchkosten). Die zwei größten Posten sind die Maklerkosten und die Grunderwerbsteuer. So beträgt die Grunderwerbsteuer in Hamburg 5,5 %. Die Maklergebühren sind ähnlich hoch, wobei sich Käufer und Verkäufer die Maklergebühren in der Regel untereinander aufteilen. Zusammen verteuern sie den Kauf um mehr als 10 %. Zusätzlich bauen die Nebenkosten eine psychologische Hürde auf, weil Menschen damit 10 % des Immobilienpreises nicht in ihr Eigentum investieren, sondern für Nebenkosten „wegwerfen“.
Zudem sind Menschen ohne Vermögen strukturell benachteiligt, weil sie kein Eigenkapital haben und deswegen höhere Zinsen für einen Kredit zahlen müssen. Das macht die Finanzierung einer Immobilie noch teurer als es die hohen Preise für sich schon vermuten lassen. Zu dem strukturellen Nachteil gehört ebenfalls, dass Menschen ohne Vermögen einen Wettbewerbsnachteil gegenüber Menschen mit Vermögen haben. In Hamburg und anderen Städten gibt es einen regelrechten Wettbewerb darum, Immobilien zu kaufen und bei diesem Wettbewerb hilft ein höheres Vermögen. Vermögende Menschen können im Zweifel auf die Schnelle 50.000 Euro mehr auf den Kaufpreis rauflegen oder gleich mehrere Wohnungen auf einmal kaufen und werden deswegen von Verkäufern bevorzugt. Dieser Effekt ist nicht zu unterschätzen. Viele Wohnungen, die nach dem Hamburger Drittelmix als Eigentumswohnungen gedacht sind, werden an vermögende Personen verkauft, die sie lediglich als Investment betrachten und zu hohen Preisen vermieten. Wer solch hohe Mieten zahlt, könnte die Immobilie auch selbst abbezahlen. Sowas trifft vor allem soziale Aufsteiger mit gutem Einkommen, aber nur wenig angespartem Vermögen.
Adieu, Transaktionskosten
Die Zielstellung muss also sein, den Immobilienerwerb für Ersterwerber zu erleichtern. Nur dies kann die oben beschriebenen strukturellen und wettbewerblichen Nachteile ausgleichen. Im Kern geht es dabei um zwei konkrete Lösungen. Erstens müssen die Transaktionskosten für Erstwerber weg oder jedenfalls so weit sinken, wie möglich. Zweitens sollten die Gewinne auf Verkäufe an Ersterwerber steuerfrei sein, um einen Anreiz zu schaffen, an sie zu verkaufen.
Wie beschrieben sind die größten Teile der Nebenkosten die Grunderwerbsteuer sowie die Maklerkosten. Zunächst muss also die Grunderwerbsteuer für Ersterwerber wegfallen. Das wäre eine erste Preissenkung von in Hamburg 5,5 % des Nettopreises nur für Ersterwerber. Die wegfallenden Einnahmen des Staates lassen sich durch die Schließung von Steuerlöchern o.ä. ausgleichen. Als nächstes müssen die Maklerkosten auf angespannten Wohnungsmärkten wie Hamburg strenger reguliert werden. Dies würde allerdings allen Erwerbern und nicht nur Ersterwerbern zugutekommen. Eine strengere Regulierung von Maklerkosten kann wie folgt funktionieren: Erstens zahlt die Person den Makler, die ihn beauftragt hat – also fast immer der Verkäufer. Dadurch hat der Verkäufer ein Eigeninteresse, die Kosten, niedrig zu halten. Es kann aber auch dazu führen, dass der Verkäufer die Maklerkosten nur auf den Preis aufschlägt. Darum müssen wir die Maklerkosten auf angespannten Wohnungsmärkten zusätzlich deckeln und in ein angemessenes Verhältnis zur eingesetzten Arbeitszeit bringen. Es ist inakzeptabel, eine Makler-Courtage von 30.000-60.000 Euro zu verlangen, wenn die Wohnung mit wenig Aufwand innerhalb kürzester Zeit verkauft ist. Anstatt 5-6 % des Nettopreises verlangen zu dürfen, würde ich vorschlagen, dass Makler auf angespannten Wohnungsmärkten nur noch das Höhere von 8.000 Euro oder 1-2 % des Nettopreises verlangen dürfen. Stellt man sich vor, dass ein Makler zwei Wochen nur für eine Immobilie gearbeitet hat, sind 8.000 Euro dafür eine gute Entlohnung. In der Regel dürfte die Arbeit auf angespannten Wohnungsmärkten wie Hamburg jedoch deutlich schneller gehen. Durch diese beiden Maßnahmen, Abschaffung der Grunderwerbsteuer und harte Regulierung der Maklerkosten, ließen sich die Nebenkosten massiv senken.
Adieu, Gewinnbesteuerung
Das größte Privileg schlummert jedoch auf Verkäuferseite: So müssen wir auch Verkäufern einen Anreiz geben, an Ersterwerber zu verkaufen. Dies lässt sich dadurch erreichen, dass Gewinne von Verkäufern steuerfrei sind, soweit sie Wohnungen an Ersterwerber verkaufen. Damit würde ein großer Anreiz für Verkäufer entstehen, nur noch an Ersterwerber zu verkaufen und sie könnten dafür sogar im Preis runtergehen, um Steuern zu sparen. Sinkende Preise für Ersterwerber würde diesen wiederum den Kauf erleichtern. Ein Rechenbeispiel: In einigen Gegenden von Hamburg Eimsbüttel haben sich die Immobilienpreise zwischen 2010 und 2022 verdreifacht. Eine Wohnung, die im Jahr 2010 noch 250.000 Euro gekostet hat, kostete im Jahr 2022 auf einmal 750.000 Euro. Das sind 500.000 Euro Gewinn. Wenn man diesen Gewinn steuerfrei stellt, dann könnte der Verkäufer dafür bis zu 100.000 Euro oder mehr im Preis runtergehen und stünde immer noch besser dar, als wenn er an eine vermögende Person verkauft.
Outtro
Beides zusammen, die massive Verringerung der Transaktionskosten sowie die Steuerfreiheit für Verkaufsgewinne an Ersterwerber, würde ein starkes Privileg für Ersterwerber sein. Ein solch starke Privilegierung ist notwendig, um möglichst viele Menschen in die Lage zu versetzen, für sich selbst besser vorzusorgen und eigenes Vermögen aufzubauen. Nur wenn wir dieses Problem ernsthaft angehen, können wir tatsächlich etwas an der Vermögensungleichheit ändern und dadurch auch die Abhängigkeit der Menschen vom Staat verringern.