Die Mietpreisbremse: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht
Das Dilemma der Mietpreisbremse
Das Konzept der Mietpreisbremse klingt vielversprechend: Sie soll Mieterhöhungen auf angespannten Wohnungsmärkten begrenzen, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern. Doch die Realität sieht anders aus. Gerade in Städten, wo der Wohnraum knapp und teuer ist, verfehlt die Mietpreisbremse ihre Ziele. Dabei ist das Design der Mietpreisbremse grundsätzlich in Ordnung, nur die Details müssen wir verbessern.
Schwachstellen der Mietpreisbremse und der Weg zur Lösung
Ein Problem ist, dass die Mietpreisbremse den steigenden Mieten eher hinterherläuft, als sie effektiv zu bremsen. Diese Dynamik ähnelt einem Fußgänger, der sich von der Hektik der Stadt mitreißen lässt und unbewusst das Tempo anzieht. Eine solche Reaktion verstärkt das Problem, statt es zu lösen. Das hat folgenden Hintergrund: Die Mietpreisbremse knüpft an die sogenannte „ortsübliche Vergleichsmiete“ an. Das ist die Obergrenze für die erlaubte Miete.* Diese ortsübliche Vergleichsmiete steht im sogenannten „Mietenspiegel“. Und hier kommen wir zum Kern des Problems: Wie berechnet sich die ortsübliche Vergleichsmiete im Mietenspiegel?
Die ortsübliche Vergleichsmiete wird falsch berechnet
Der Mietspiegel beruht auf einer Umfrage, an der Vermieter und Mieter teilnehmen. Dabei berücksichtigt der Mietenspiegel nur die Mieterhöhungen und Neuverträge der letzten sechs Jahre. Soziale Vermieter, die ihre Miete lange nicht erhöht haben, bleiben unberücksichtigt. Zu solchen sozialen Vermietern gehört zum Beispiel mein Freund Rolf.** Rolf ist Handwerker und schon ein bisschen älter. Er hat in den 80er Jahren in Hamburg viele Wohnungen mit Bankkrediten gekauft und renoviert – er sagt selbst, er habe viel Glück gehabt. Seine Wohnungen sind mittlerweile abbezahlt, so dass Rolf die gesamte Miete für sich selbst behalten kann. Darum hat er auch die Mieten in seinen Wohnungen schon seit sechs Jahren und länger nicht mehr erhöht. Er braucht das Geld schlicht nicht und findet es gemein, Mieter auszunutzen. Doch was macht der Mietspiegel? Der Mietspiegel tut so, als gäbe es die Wohnungen von Rolf nicht, weil Rolf sechs Jahre die Miete nicht erhöht hat. Die „ortsübliche Vergleichsmiete“ – die Obergrenze für erlaubte Mieten – ist also höher, als sie eigentlich sein müsste, und damit wirkt die Mietpreisbremse schlechter als sie könnte.
Rechtswidrig hohe Mieten fließen ein
Ein weiteres Problem ist die Einbeziehung rechtswidriger Mieten in die Berechnung des Mietspiegels. So fließen in den Mietspiegel auch Mieten ein, die es gar nicht geben dürfte, weil sie rechtswidrig überhöht sind. Bei der Erstellung des Mietspiegels wird nämlich nicht geprüft, ob die Mieten rechtmäßig sind. Das führt wiederum zu höheren Mieten im Mietspiegel. An dieser Stelle läuft die Mietpreisbremse steigenden Mieten hinterher, anstatt sie zu bremsen.
Lösungsansätze: Ein Weg zu echtem Mieterschutz
Eine Reform der Mietpreisbremse ist also dringend erforderlich. Wir müssen das BGB (§ 558 Absatz 2 BGB) und die Mietspiegel-Verordnung*** ändern. Erstens lässt sich dort reinschreiben, dass alle Mieten einfließen und nicht nur Mieterhöhungen / Neuverträge der letzten sechs Jahre. Zweitens lässt sich im Gesetz ändern, dass nur erlaubte Mieten einfließen dürfen – rechtswidrig hohe Mieten bleiben außen vor oder werden für die statistische Erfassung auf das rechtmäßige Minimum reduziert. Diese Lösung ist leicht umsetzbar, denn schon jetzt müssen Vermieter in angespannten Wohnlagen in Textform (§ 556g Absatz 3 BGB) nachweisen, ob eine erlaubte Ausnahme von der Mietpreisbremse vorliegt. Folglich lässt sich bei der Mietspiegelerfassung leicht feststellen, ob eine erlaubte oder eine rechtswidrige Ausnahme vorliegt.
Die hier dargestellten Probleme lassen sich mit wenigen Änderungen im Gesetz lösen und könnten die Lage am Mietmarkt sofort verbessern. Diese Punkte müssen wir schnell angehen, um die steigenden Mieten in den Griff zu bekommen.
*Bei Neuverträgen kommen noch zehn Prozent oben drauf.
**Name geändert.
***Der echte Name dieser Verordnung im feinsten Verwaltungsdeutsch heißt: „Verordnung über den Inhalt und das Verfahren zur Erstellung und zur Anpassung von Mietspiegeln sowie zur Konkretisierung der Grundsätze für qualifizierte Mietspiegel“.