Ungleichheit im Lohnsektor: Zahlen, Daten und Fakten

In Deutschland verfügt ein großer Teil der Bevölkerung über wenig Vermögen. Diese Menschen leben oft in Mietwohnungen und haben kaum oder gar keine Ersparnisse. Ihr Besitz beschränkt sich meist auf Einrichtungsgegenstände und eventuell ein gebrauchtes Fahrzeug. Trotz Vollzeitbeschäftigung bleibt ihnen kein Geld übrig, um es zurückzulegen oder in ihre Weiterbildung zu stecken. Eine wesentliche Ursache hierfür sind die geringen Gehälter.

Menschen sorgen sich um ihre Kinder

Auch wenn einige Menschen sagen, Geld sei nicht wichtig, so bedeutet Geld gerade für Geringverdiener das pure Überleben. Je niedriger das Gehalt, desto wichtiger ist Geld für die Menschen, denn es gibt ihnen die Freiheit, das eigene Leben zu gestalten. Dabei geht es den Menschen darum, einen würdigen Lebensstandard zu haben und ihren Kindern ein gutes Leben zu ermöglichen. Das ist wissenschaftlich belegt. Eine Studie des ZEW Mannheim zur Kindergrundsicherung zeigt beispielsweise, dass die Eltern das Geld mehrheitlich sinnvoll für ihre Kinder ausgeben, obwohl sie es auch zum eigenen Konsum nutzen könnten (S. 12 Factsheet der Bertelsmannstiftung). Zum gleichen Ergebnis kommt eine US-amerikanische Studie, welche das Phänomen in den USA untersucht hat. Auch andere Studien zeigen, dass Eltern im Prekariat am Ehesten an sich selbst sparen, damit es dem Kind möglichst an nichts fehlt.

Jeder zusätzliche Euro für Niedrigverdienende hat also einen positiven Effekt für unsere Gemeinschaft, denn Armut geht in der Regel mit schlechter Gesundheit, geringeren Bildungschancen und weniger Selbstvertrauen einher (vgl. Bertelsmannstiftung). Das hat höhere Kosten für das Gesundheitssystem sowie Fachkräftemangel zur Folge. Aus diesen Gründen ist es wichtig, sich die Gehaltsentwicklung der Menschen vor allem im Niedriglohnsektor anzuschauen.

Zahlen zur Lohnentwicklung

Bei der Frage, wie viel Menschen verdienen, sind die Zahlen grundsätzlich positiv. Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) sind die realen Bruttostundenlöhne von 1995 bis 2021 inflationsbereinigt um 16,5 % gestiegen, wobei diese Teilzeitkräfte enthalten. Bei reinen Vollzeitkräften ist der reale Lohn laut DIW sogar um 25 % gestiegen. Demnach hat sich die Kaufkraft der Menschen in den letzten Jahrzehnten erhöht. In diesen Daten fehlt allerdings die hohe Inflation der Jahre 2022 und 2023. Wie sich die Löhne dem angepasst haben, dürfte erst Ende 2025 zu beurteilen sein, weil die Löhne in der Regel langsamer nachziehen.

Weniger gut, aber immer noch positiv sind die Nachrichten aus dem Niedriglohnsektor. So ist der Niedriglohnsektor nach Angaben des DIW in den letzten zehn Jahren von 23,3 % auf 15,2 % geschrumpft. Niedriglohn meint dabei weniger also 2/3 des mittleren Bruttostundenlohns. Umgerechnet für das Jahr 2020 lag diese Grenze für einen Einpersonenhaushalt bei einem Gehalt von 1.343 Euro netto pro Monat. Zurückzuführen ist das Schrumpfen des Niedriglohnsektors auf die Einführung des Mindestlohns sowie eine veränderte Gewerkschaftspolitik, welche bei Tarifabschlüssen niedrige Gehaltsklassen überproportional berücksichtigte.

[Wir möchten hier eine Grafik des DIW zeigen und klären noch, ob wir das rechtlich dürfen.]

Gleichzeitig bedürfen diese Zahlen einer Relativierung für die untersten 10 Prozent der Einkommen. Denn während der reale Bruttostundenlohn für die Gesamtbevölkerung im Schnitt um 16,5 % gestiegen ist, hat sich der reale Lohn der unteren 10 Prozent der Einkommen nur um 6-7 % erhöht. Dies hat seine Ursache darin, dass die unteren 10 Prozent der Einkommen von 1999 bis 2009 noch erheblich gesunken sind. Erst seit dem Jahr 2013 steigen die Einkommen der unteren 10 % nennenswert und haben nun verglichen mit dem Ausgangswert von 1995 inflationsbereinigt um 6-7 % zugelegt.

[Wir möchten hier eine Grafik des DIW zeigen und klären noch, ob wir das rechtlich dürfen.]

Vor diesem Hintergrund ist eine Erhöhung des Mindestlohns auf 15 € pro Stunde sinnvoll. Derzeit (im Jahr 2024) führt der Mindestlohn von 12,41 € / Stunde bei einer 40-Stunden-Woche zu einem Bruttoverdienst von etwa 2.150 Euro im Monat. Das sind netto ca. 1.500-1.600 Euro, was insbesondere bei Familien mit Kindern auch unter der Armutsgefährdungsgrenze liegen kann, abhängig davon, wie viele Kinder sie haben und was der andere Elternteil verdient. Hingegen würde ein Mindestlohn von 15 Euro pro Stunde die Lage stark verbessern und zu einem Bruttolohn von ca. 2.600 Euro und netto 1.800-1.900 Euro bei einer Vollzeitstelle führen.

Ein höherer Mindestlohn ist nicht nur gerecht, sondern gesellschaftlich sinnvoll. Er entlastet die Staatskasse, weil weniger Menschen ihre Gehälter mit Sozialleistungen aufstocken müssen. Gleichzeitig reduziert er die Kinderarmut, so dass wir weniger Kindergrundsicherung auszahlen müssen. Ein höherer Mindestlohn schafft Selbstbewusstsein, verbessert die Bildungschancen und kann sich sogar positiv auf die Gesundheit mit wiederum weniger Folgekosten für das Gesundheitssystem auswirken. Da Menschen im Niedriglohnsektor selbst nach Erhöhung des Mindestlohns auf 15 € gezwungen sein werden, ihr gesamtes Geld auszugeben, ist es außerdem gut für die Binnenwirtschaft in Deutschland. Er macht das Leben der Menschen besser und führt zu mehr Steuereinnahmen.

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Hohe Mieten erschweren das Sparen